Donnerstag, 24. März 2011

Oleg Orlow zur Verleihung des Sacharow-Preises

Ich fühle mich geehrt, dass uns – Ljudmila Alexejewa, Sergej Kowaljow und mir – der Sacharow-Preis zuerkannt wird. Diese Auszeichnung wird jedoch nicht persönlich verliehen – wir bekommen sie als Vertreter von „MEMORIAL“ und anderen Menschenrechtsorganisationen in Russland. Sie ist also eine Anerkennung für die russische Menschenrechtsbewegung insgesamt. Ich bin dafür dankbar.

 Neben Genugtuung empfinde ich allerdings auch andere Gefühle. Wir haben eine hohe Auszeichnung erhalten, und wir haben sie auch tatsächlich verdient. Zugleich sehen wir, dass die Entwicklung in Russland keineswegs in die Richtung geht, die wir uns wünschen würden. Dafür sind wir zum Teil mitverantwortlich. Die rechtlichen Mechanismen, an deren Einrichtung wir in den 90er Jahren mitgewirkt haben, sind heute wirkungslos. Der politische Wille der Obrigkeit verdammt diese Mechanismen zur Bedeutungslosigkeit, sie funktionieren nicht. Wir haben es also nicht vermocht, unsere Stimme deutlich genug vernehmen zu lassen, wir haben die Öffentlichkeit nicht erreicht. So konnten wir keinen Einfluss auf die Entwicklung gewinnen.
Noch aus einem weiteren Grund löst der Preis ein schmerzliches Gefühl in mir aus. Bereits 2004 waren Natascha Estemirowa und Sergej Kowaljow vorgeschlagen worden. Damals wurde ein anderer Kandidat ausgewählt, der nicht weniger würdig war. Nun sind einige Jahre ins Land gegangen, und wir erhalten den Preis heute, aber Natascha hat inzwischen die Kugel bekommen….. Das ist schmerzlich.

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