Sehr geehrter deutscher Zweig
der Organisation Memorial,
sehr geehrter Herr von Radetzky,
vor zwanzig Jahren wurde Ihre
Einrichtung gegründet, um die bedeutsame Arbeit der Organisation Memorial
in Russland zu unterstützen. Seitdem widmen Sie sich der Aufgabe, die
Gesellschaft über die Gewaltherrschaft und die Opfer des stalinistischen
Regimes aufzuklären. Dabei fördern Sie konsequent das Wissen um die sich
zuspitzende Menschenrechtslage in Russland und unterstützen in der Praxis
Menschen- und Bürgerrechtsgruppen in Russland. Ihr Handeln übt direkten
Einfluss auf mein Land aus und trägt zur Entwicklung einer unbedingt
notwendigen Zivilgesellschaft bei. Ich möchte Ihnen zum zwanzigjährigen
Bestehen und zu Ihrem Erfolg gratulieren; darüber hinaus danke ich Ihnen für
den kontinuierlichen Beistand, den Sie mir in meiner persönlichen Angelegenheit
leisten.
In diesen schwierigen Zeiten ist
Ihre Arbeit von besonderer Bedeutung. Denn Ihre Freunde in der russischen Memorial-Organisation
gehörten zu den ersten, die während der letzten Aktionen der Staatsgewalt
Einschüchterungsversuchen ausgesetzt waren, mit dem Ziel, die Opposition zum
Schweigen zu bringen. Durch sein Handeln bringt sich der Kreml um die
Unterstützung durch die Gesellschaft und beeinträchtigt die Beziehung zu einem
aktiven Teil seiner Bevölkerung. Die politisch motivierte Verfolgung von nichtstaatlichen
Organisationen ist nicht zulässig. Sie schadet dem Aufleben einer
Zivilgesellschaft, die für die politische, wirtschaftliche und soziale
Modernisierung Russlands erforderlich ist.
In Gedanken bin ich bei Ihnen
und wünsche Ihnen für Ihre zukünftigen Tätigkeiten dieselbe Kraft und
Beharrlichkeit, die ich in all diesen Jahren verspürt habe. Da ich nun seit
annähernd zehn Jahren im Gefängnis sitze, bedeutet mir Ihre Unterstützung
unglaublich viel und ich bin sehr dankbar dafür.
Herzlichst, Ihr
Michail Borissowitsch
Chodorkowski
Straflager Kolonie Nr. 7,
Segescha (Republik Karelien)
S
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