Verbraucherschutzorganisation klagt gegen Netzbetreiber
Eine Umfrage, die der kritische Sender Doschd
(TVrain, dt. Regen) kürzlich in Russland durchführte, wurde zum Vorwand
für eine weitgehende Beschneidung seiner Sendemöglichkeiten genommen.
Der Kanal hatte Teilnehmern an einer Diskussion und
Zuschauern die Frage gestellt, ob es besser gewesen wäre, die Stadt
Leningrad während der Blockade durch deutsche Truppen aufzugeben,
um damit Menschenleben vor dem sicheren Hungertod zu retten. Diese
Frage löste nicht nur zahlreiche Proteste aus, sondern auch den Unwillen
von höchster Stelle, obwohl der Sender eine Entschuldigung abgab und
die Umfrage von seiner Website entfernte.
Etliche Kabelnetzbetreiber haben den Sender seitdem bereits vom Netz genommen, am 10.Februar zuletzt auch Tricolor TV,
was den Sender empfindlich trifft. Doschd ist jetzt nur noch über
einige regionale Netzbetreiber zu empfangen, sowie außerdem im Internet.
Diese Maßnahmen haben eine Welle von Protesten
ausgelöst. Mittlerweile hat sich eine breite Kampagne zur Unterstützung
von Doschd formiert. Mitglieder der Moskauer Journalisten-Charta und des
Petersburger Journalistenverbandes bekundeten ihre „extreme Sorge“
angesichts der Situation und warnten vor der Gefahr eines
Wiederaufkommens einer Zensur im Lande.
Der Menschenrechtsrat beim Präsidenten hatte sich
bereits Ende Januar an die Generalstaatsanwaltschaft und eine Reihe
weiterer Behörden gewandt und gefordert, die Rechtmäßigkeit der
Abschaltung von Doschd durch die Kabelnetzbetreiber zu überprüfen. Der Menschenrechtsrat hat zu diesem Thema am 4. März eine Sondersitzung anberaumt.
Die Gesellschaft für Verbraucherschutz hat Klage bei
einem Moskauer Bezirksgericht gegen verschiedene der betreffenden
Netzbetreiber, darunter Tricolor TV, NTV-plus, Beeline und andere, eingereicht.
Bei der Verbraucherschutzorganisation waren etliche Beschwerden von
Nutzern eingegangen, die eine Vertragsverletzung durch die Netzbetreiber
beklagten. Die Abschaltung von Doschd bedeute eine einschneidende
Qualitätsminderung der Dienstleistungen, für die die Abonnenten
keinerlei Kompensation bekommen hätten.
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