Sonntag, 30. März 2014

Gesetzesnovelle gegen "falsche Informationen" zum Nachteil Russlands

Die Verbreitung falscher Informationen, die der Russischen Föderation schaden, soll geahndet werden

Am 25. März reichte Oleg Micheev, Duma-Abgeordneter der Fraktion von „Gerechtes Russland“, einen Gesetzentwurf ein, der die Verbreitung falscher Informationen unter Strafe stellt, sofern sie dem Ansehen des russischen oder sowjetischen Imperiums schaden.

Das Gesetz zum Gedenken an die bei der Verteidigung des Vaterlandes Gefallenen (Erstfassung von 1993) soll um einen Passus ergänzt werden, der es verbietet, „falsche Informationen zu verbreiten, die die Verdienste der bei der Verteidigung des Vaterlandes Gefallenen, die Autorität des Russischen Reichs, der UdSSR, der Russischen Föderation und ihrer Streitkräfte schmälern“.

Privatpersonen drohen bei Zuwiderhandlungen Strafzahlungen von 2000 bis 3000 Rubeln. Für Amtspersonen und juristische Personen sind deutlich höhere Zahlungen vorgesehen.

Ziel des Gesetzes ist es, ein weiteres „Eindringen von Ideen ins Massenbewusstsein zu verhindern, die im diametralen Gegensatz zum Patriotismus stehen“, so Micheev in der Erläuterung zum Gesetzentwurf. Die Ereignisse in der Ukraine Ende 2013 und Anfang 2014 hätten gezeigt, dass es sich hier um einen „Informationskrieg“ handele.

Die geltende Gesetzgebung müsse daher an die entstandene informationelle Bedrohung angepasst werden, die „nicht nur zu einer theoretischen Revision und Verfälschung historischer Fakten“ führe, sondern auch zur „Herausbildung eines negativen Russland-Bildes bei der heranwachsenden Generation“.

Freitag, 28. März 2014

Änderungen am NGO-Gesetz geplant

Putin vor dem Föderationsrat zum NGO-Gesetz


Der russische Präsident Putin hat sich vor dem Föderationsrat zum NGO-Gesetz im Hinblick auf geplante Änderungen an diesem Gesetz geäußert.

„Die NGOs sind ein wichtiger Teil unserer Zivilgesellschaft, in ihnen arbeiten viele ehrliche Leute, die eine wichtige Funktion erfüllen, die darin besteht, dass sie die Behörden auf allen Eben auf ihre Fehler, ihr Versagen hinweisen, die Meinung von Bürgern zum Ausdruck bringen und ihre Interessen da verteidigen, wo die Regierung ineffizient ist.“

Natürlich müsse der „Begriff ‚politische Tätigkeit‘ konkretisiert werden, damit nicht Personen unter die Rubrik des ‚ausländischen Agenten‘ fallen, die weit davon entfernt sind, sich politisch zu betätigen.“ Putin bezieht sich hier auf die umstrittene Bestimmung, dass sich politisch tätige NGOs, die ausländische Fördergelder erhalten, als „ausländische Agenten“ registrieren müssen.

Allerdings dürfe man denen, „die nicht die Rechte russischer Staatsbürger, sondern die Rechte ausländischer Staaten innerhalb Russlands verteidigen“, keine „Schlupflöcher“ lassen.

Bei den geplanten Änderungen geht es nicht zuletzt darum, dass das Justizministerium das Recht erhalten soll, NGOs als ausländische Agenten zu registrieren. Nach den geltenden Bestimmungen müssen die NGOs selbst eine solche Registrierung beantragen, was bisher nur eine einzige marginale Organisation getan hat.

Jugendorganisation von MEMORIAL Perm gewinnt erneut Verfahren

Am 26. März hat die Jugendorganisation von MEMORIAL Perm erneut ein Gerichtsverfahren gewonnen.

Wie einige weitere Organisationen im Perm, hatte auch der dortige MEMORIAL-Jugendverband im letzten Jahr gegen die Verordnung der Staatsanwaltschaft geklagt, sich als „ausländischer Agent“ registrieren zu lassen. Am 27. November hatte ein Permer Bezirksgericht der Klage von MEMORIAL stattgegeben und die Verordnung für ungesetzlich erklärt.

Dagegen war die Staatsanwaltschaft in Revision gegangen, und es begann eine erneute gerichtliche Auseinandersetzung – mit demselben Ergebnis. Das Regionalgericht bestätigte jetzt die Entscheidung des Bezirksgerichts, wie zuvor schon in analogen Fällen bei zwei anderen NGOs aus Perm.

Robert Latypov von MEMORIAL Perm unterstrich die Bedeutung dieser Entscheidung: „Für uns und unsere Kollegen ist es wichtig, unsere Ehre zu verteidigen und unsere Mission weiterhin zu erfüllen – für unser Land und für unsere Mitbürger.

Dienstag, 25. März 2014

Festnahmen, Entführungen und Misshandlungen auf der Krim

Auf der Krim sind in den letzten Wochen mehrere Personen - Militärs sowie Zivilisten - entführt worden. Andrij Schtschekun und Anatolij Kovalsky, die am 20. März wieder freigelassen wurden, berichten von schweren Misshandlungen. Human Rights Watch fordert dringend eine Untersuchung dieser Vorfälle durch die Behörden auf der Krim.

Sie waren am 9. März bei der Einreise auf die Krim von unbekannten Personen in Tarnanzügen festgenommen worden. Nach Aussage des derzeitigen Ministerpräsidenten Axjonow waren dies "Spezialkräfte", Grund der Festnahme angeblich geplante "subversive Aktionen". Sie sollten bis zum Referendum am 16. März in Haft bleiben.

Indes wurden beide erst am 20. März ukrainischen Militärs übergeben (allerdings wurden ihre Dokumente sowie persönliches Eigentum einbehalten). Beide berichten, dass sie und weitere Verschleppte gefoltert wurden. Mindestens elf Personen sind nach wie vor vermisst.

Der griechisch-katholische Priester Mykola Kvych, der einige Stunden inhaftiert und wieder freigelassen worden war, hat die Krim verlassen, weil ein Verfahren wegen unerlaubten Waffenbesitzes (er besaß einige kugelsichere Westen) und wegen "Extremismus" gegen ihn eingeleitet worden war.

Der letzte Rabbiner auf der Krim, Michail Kapustin, der sich wiederholt gegen die russische Intervention gewandt hatte, hat mit seiner Familie die Krim ebenfalls verlassen und sich nach Kiew begeben.

Mittwoch, 19. März 2014

Oleg Orlov auf der Kundgebung in Moskau am 15. März 2014



Wir sagen heute - «Kein Krieg!»
Aber erinnern wir uns, dass unser Land schon zwanzig Jahre praktisch nicht aus dem Kriegszustand heraus kommt.
Erinnern wir uns, wie und warum der erste Tschetschenien-Krieg und darauf der zweite Tschetschenien-Krieg begannen.
Erinnern wir uns, dass diese Kriege mit Losungen begannen — Wiederherstellung der verfassungsmäßigen Ordnung, Entwaffnung der illegalen bewaffneten Einheiten, Verteidigung der russischen Bevölkerung.
Freunde, kommt euch das nicht bekannt vor? Klingen diese Losungen nicht ziemlich ähnlich wie die aktuellen, mit denen das militärische Eingreifen der russischen Truppen in das Bruderland, die Ukraine, gerechtfertigt wird?
Aber in der Tat wurden die Tschetschenien-Kriege für etwas ganz anderes ausgelöst — um der Gruppierung, die im Kreml sitzt, die Möglichkeit zu geben, ihre Macht über Russland zu erhalten. Der Krieg wurde als politische Technologie, als Mittel zur Mobilisierung der Bevölkerung zur Unterstützung der Regierung genutzt. Für eine undemokratische Staatsmacht gibt es kein besseres Mittel als den Krieg, um die Opposition zu unterdrücken, die Medien unter ihre Kontrolle zu stellen, einen bedeutenden Teil der Bevölkerung einer Gehirnwäsche zu unterziehen, pseudopatriotische Wellen zu schlagen. Unter Jelzin ist so etwas nicht vorgekommen, Putin jedoch hat Anfang der 2000er Jahre brillant diese Karte gespielt. Putin ist ein Kriegsmensch, und er stützt sich auf die Menschen, denen ausgerechnet der Krieg geholfen hat, sich an der Macht zu etablieren. Der Krieg im Nordkaukasus hat ihm die Möglichkeit gegeben, seine Macht zu festigen. Gerade den Verweis auf die fortgesetzten bewaffneten Konflikte dort hat er für den Abbau der Demokratie und die Stärkung der Polizei, für die Aufhebung der Wahl der Gouverneure, für die unendliche Ausweitung der Befugnisse des Geheimdienstes genutzt.
Aber was haben wir im Resultat dieser blutigen inneren Kriege bekommen?
Wir haben Menschen in Uniform bekommen, die viele Schlüsselpositionen im Staat besetzen. Menschen, die durch die Schule der vollkommenen Anonymität und Straffreiheit für Verbrechen, Entführungen, Folter, für die Organisation von Todesschwadronen und geheimen Gefängnissen, die Tötung von Zivilisten gegangen sind.
Darüber hinaus haben wir das totalitäre Regime von Ramsan Kadyrov in Tschetschenien bekommen. Ein Regime, unter dem die Menschen Angst haben, sich zu beschweren, dass ihr Sohn entführt, ihr Unternehmen weggenommen wurde, dass sie bei der Polizei gezwungen wurden, einen Angehörigen zu schlagen, der sich herausnahm, einen langen Bart zu tragen.
Aber vielleicht gelang es infolge dieser Kriege, Russen zu schützen? Vielleicht kehren jetzt Russen dorthin zurück? Wir alle kennen die Antworten auf diese Fragen — nein. Und sind wirklich keine Russen in den Kellern von Grosny von russischen Bomben und Geschossen umgekommen?
Vielleicht wurde die verfassungsgemäße Ordnung wieder hergestellt? Ja, die Verfassung wird jetzt in Tschetschenien strikt eingehalten. Aber es ist eigenartige Verfassung, die nur aus einem Artikel besteht - «So hat Ramsan gesagt!»
Meine Kollegen und ich sind sich sicher — der Krieg im Nordkaukasus wurde mit einem einzigen Ziel ausgelöst — diejenigen zu unterstützen, die im Kreml sitzen, um die Macht über Russland zu behalten.
Und die derzeitige Sonderoperation in der Ukraine wird genau mit dem gleichen Ziel durchgeführt. Hinter allen offizielle proklamierten Losungen steht ein zynisches Ziel — die Macht des derzeitigen Regimes über Russland für viele, viele Jahre zu verlängern.
Wenn der Kreml die Absicht hat, tatsächlich Russen im Nachbarland zu schützen, warum agiert er dann so demonstrativ grob, ungeschickt, provokativ?!
Eben deshalb, weil das Ziel ein anderes ist — eine Provokation des Konfliktes, unter dessen Bedingungen es leichter ist, die Reste an Demokratie in Russland zu zerstören. Im Ergebnis des aktuellen Konfliktes kann ein totalitäres Regime wieder errichtet werden, dann schon nicht mehr in einem einzelnen Teil unseres Landes, sondern auf dem ganzen Territorium.
Das dürfen wir nicht zulassen.
Kein Krieg!


Übersetzung: Sabine Erdmann-Kutnevič

Svetlana Gannuschkina auf der Kundgebung am 15. März 2014 in Moskau



Liebe Freunde, ich möchte eine Frage stellen:
- Wem gehört die Krim?
- Die Krim gehört uns!
Sie ist unser durch das Recht der Liebe, durch das Recht der Verantwortung für das, was dort geschieht.
Weil uns das nicht gehört, was wir mit beschlagenen Stiefeln betreten, sondern das, was wir lieben und für das wir Verantwortung empfinden.
In dem kleinen russischen Dorf Kurzy in der Nähe von Simferopol wurde mein Großvater geboren, seine Mutter war die Tochter des Pfarrers aus dem estnischen Nachbardorf, und sein Cousin war mit einer Ukrainerin verheiratet.
Und in diesem Dorf Kurzy, wohin mich mein Großvater mitnahm, als ich 14 Jahre alt war, hörte ich zum ersten Mal von der Tragödie der Krimtataren. Und vielleicht habe ich mich dabei zum ersten Mal als Bürgerin dieses Landes gefühlt, weil ich zum ersten Mal Schmerz und Scham für die eigene Heimat empfunden habe. Und dieses Gefühl der Verantwortung, auch Liebe zur Heimat, das verbindet uns heute hier. Unserer Staatsmacht heute, die vollkommen verantwortungslos und sehr leichtsinnig handelt, ist es völlig verloren gegangen.
Deshalb sollte sich heute jeder von uns als Bürger fühlen, Verantwortung übernehmen für unser Land und dafür, was in unserem Namen getan wird. Und wir alle, die wir uns hier versammelt haben, verstehen das.
Russland soll frei sein! Die Ukraine soll frei sein! Und auf unserem gesamten Planeten soll Frieden sein! Dafür tragen wir heute die Verantwortung.

Und noch etwas. Man versucht uns jetzt einzureden, dass Flüchtlingsströme aus der Ukraine kommen, die Migrationsbehörden in Moskau und anderen Regionen der Russischen Föderation bereiten sich auf die Aufnahme vor. Es heißt, es seien schon einige Hunderttausend Flüchtlinge aus der Ukraine in Russland. Meine Freunde, ich beschäftige mich schon zwei Jahrzehnte und länger mit der Thematik von Flucht und Migration. Und ich kann ganz sicher sagen, das ist nicht wahr. In keinem einzigen der Grenzbezirke, wo sich unsere Beratungsstellen befinden, hat irgendjemand an der Grenze eine Flüchtlingsansammlung aus der Ukraine entdeckt.
Als allerdings Flüchtlinge aus Syrien und Ägypten nach Russland strömten, als während der zwei Tschetschenien-Kriege unsere inneren Flüchtlingsströme von dort kamen, waren unsere Aufnahmeheime gefüllt mit Menschen, die Unterstützung brauchten, die einen Zufluchtsort suchten. Bei niemandem von uns sind jetzt ukrainische Verwandte untergekommen, die vor Verfolgung fliehen und um ihr Leben fürchten müssten. Niemand bringt sich in Sicherheit vor der ukrainischen Staatsmacht oder davor, was auf dem Maidan passiert ist. Wenn sich heute ukrainische Staatsbürger an die Migrationsbehörden wenden, dann sind das solche, die schon Jahre in Russland leben und jetzt ihren Status legalisieren wollen, so wie viele unserer Mitbürger aus früheren Sowjetrepubliken. Möglicherweise haben sie jetzt die Chance, ihren Status zu legalisieren, und ich freue mich sehr für sie.

Freiheit für Russland, Freiheit für die Ukraine! Freiheit für alle Menschen auf der Welt!



  Übersetzung: Sabine Erdmann-Kutnevič