Entscheidung nach Klage des Menschenrechtsbeauftragten und verschiedener NGOs
Das Verfassungsgericht der Russischen Föderation hat
das umstrittene NGO-Gesetz ("Agentengesetz") für verfassungsgemäß
erklärt. Gegen dieses Gesetz hatten zunächst etliche NGOs beim
Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte geklagt, darunter auch die
Internationale Gesellschaft
Memorial.
Das umstrittene Gesetz schreibt vor, dass sich NGOs,
die ausländische Fördergelder erhalten und „politisch tätig“ sind, als
„ausländische Agenten“ registrieren müssen.
Das Verfassungsgericht vertritt die Auffassung, dass
die Bewertung einer NGO als „ausländischer Agent“ nicht bedeutet, dass
von dieser Organisation eine Bedrohung für staatliche oder
gesellschaftliche Institutionen ausgeht. Auf verfassungsrechtlicher
Grundlage sei es nicht möglich, mit diesem Begriff unter Bezug auf die
sowjetische Vergangenheit eine negative Bedeutung zu verbinden. Die
Bezeichnung "ausländischer Agent" sei daher für eine Organisation
keineswegs abwertend und bedeute keinerlei Diskreditierung ihrer
Tätigkeit.
"Politisch tätig" ist nach diesem Urteil eine NGO
dann, wenn sie Einfluss auf die staatliche Politik oder auf die
öffentliche Meinung nehmen will. Wenn sie diese Ziele nicht verfolgt,
kann sie nicht als "ausländischer Agent" eingestuft werden, auch dann
nicht, wenn sie die Regierung kritisiert oder offen oppositionelle
Einstellungen propagiert.
Außerdem kann eine Organisation nur dann als
"politisch tätig" gelten, wenn dies für sie ingesamt zutrifft und nicht
nur für einzelne Mitglieder, die in Einzelinitiative agieren.
Ist eine NGO jedoch "politisch tätig", so das
Gericht, dann betrifft das die Rechte und Freiheiten aller Bürger, so
das Gericht. Wenn sie Mittel aus ausländischen Quellen bekomme, sei
nicht ausgeschlossen, dass sie "im Interesse des Sponsors" verwendet
würden. Entsprechende NGOs kenntlich zu machen, diene damit dem Schutz
öffentlichen Interesses und der staatlichen Sicherheit.
Nach Auffassung des Gerichts steht das
"Agentengesetz" nicht im Widerspruch zur Verfassung: Eine staatliche
Einmischung in die Tätigkeit der NGOs sei nicht vorgesehen, ihre
Finanzierung aus russischen oder ausländischen Quellen werde nicht
verhindert, den NGOs werde keine gesetzwidrige Tätigkeit unterstellt,
und sie könnten ihre Rechte gerichtlich verteidigen.
Einen Einwand brachte das Verfassungsgericht dennoch
vor: Bei der Festlegung der Geldstrafen sei eine Untergrenze
vorgesehen, die nicht unterschritten werden könne. Hier verlangt das
Gericht eine
Änderung.