Samstag, 23. August 2014

Zum 75. Jahrestag des Hitler-Stalin-Pakts

Erklärung des Vorstands der Internationalen Gesellschaft Memorial


Vor 75 Jahren, am 23. August 1939, haben Hitlerdeutschland und die Stalinsche Sowjetunion in Moskau einen Nichtangriffsvertrag geschlossen, zu dem noch ein geheimes Protokoll über die Aufteilung von „Einflusssphären“ in Osteuropa gehörte. Dieser Vertrag, bekannt als „Molotow-Ribbentrop-Pakt“, machte Hitler die Hände frei für seine Aggressionen in Europa und war das Vorspiel zum 1. September 1939, dem Beginn des Zweiten Weltkriegs.

Unmittelbares Ergebnis des Pakts war der Einmarsch der Roten Armee in Polen am 17. September 1939, die Annexion der drei unabhängigen baltischen Staaten durch die Sowjetunion, sowie von Bessarabien und der nördlichen Bukowina im Sommer 1940. In allen angeschlossenen Territorien fanden Säuberungen nach sozial-politischen und ethnischen Kriterien statt. Umgehend setzten Verhaftungen und Massendeportationen der Bevölkerung ein.

Die Unterzeichnung des Pakts zwischen der UdSSR und Hitlerdeutschland hat die Namen Hitlers und Stalins für immer in eine Reihe gestellt.

Die Vereinbarung der beiden Diktatoren, eine ganze Region unter sich aufzuteilen, war und bleibt ein eklatantes Beispiel für eine amoralische und zynische Politik, das Symbol eines Verbrechens, das beide totalitäre Regime teils gemeinsam, teils im Alleingang begingen. Es ist kein Zufall, dass das Europaparlament 2009 vorgeschlagen hat, den 23. August als Tag der Erinnerung an die Opfer totalitärer Regime zu begehen.

Leider sind auch heute weder die russische Gesellschaft noch die russische Staatsmacht bereit, die Ereignisse der Jahre 1939-1941 angemessen zu würdigen.

Viele hochrangige russische Politiker verteidigen bis heute den sowjetischen Einmarsch in Polen am 17. September 1939, der in Absprache und koordiniert mit den Nazis stattfand. Und wenn sie ihn auch nicht wie die Stalinpropaganda als „Befreiungskrieg“ bezeichnen, so begründen sie ihn doch mit der „Sorge um Brudervölker“ oder dem „Schutz der Bevölkerung“.

Wenn es schon so weit gekommen ist, dass ein halboffizieller Politologe das „Sammeln der deutschen Erde“ durch Hitler verteidigt, wie sollen wir da eine Verurteilung von Stalin erwarten, der, aus Sicht von Hurra-Patrioten, russische Erde mit den gleichen Methoden wie Hitler gesammelt hat?

Die heutigen Versuche dieser „Patrioten“, eine Diskussion über die Folgen des Molotow-Ribbentrop-Pakts unter dem Vorwand abzulehnen, dass dies angeblich das Gedenken an die im Kampf gegen den Faschismus umgekommenen sowjetischen Soldaten beleidige, sind widerwärtig und erbärmlich. Im Gegenteil, das Gedenken an die Gefallenen erfordert eine eindeutige Verurteilung der Verbrecher, die damals an der Spitze der UdSSR standen und mit Hitler paktierten.

22. August 2014

(Übersetzung: Jens Siegert, Vera Ammer)

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