Moskauer Stadtgericht entscheidet gegen MEMORIAL
Das Moskauer Stadtgericht hat am heutigen 12.
September die Klage des Menschenrechtszentrums MEMORIAL gegen seine
Eintragung ins Register für „ausländische Agenten“ abgewiesen.
Nachdem es im Frühjahr 2013 zu massenhaften
Überprüfungen russischer NGOs durch die Staatsanwaltschaft und häufig
noch verschiedene weitere Instanzen gekommen war, hatte eine Reihe von
ihnen, auch das Menschenrechtszentrum MEMORIAL, die Aufforderung
erhalten, sich als „ausländischer Agent“ registrieren zu lassen.
Das Menschenrechtszentrum MEMORIAL hatte dagegen
geklagt. Die Gerichtsverhandlung war zunächst etliche Male vertagt
worden, bis am 23. Mai 2014 das erstinstanzliche Urteil gegen MEMORIAL erfolgte. Inzwischen hatte das Verfassungsgericht das „Agentengesetz“ am 8. April für verfassungskonform erklärt, das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte steht noch aus.
Mittlerweile ist das Justizministerium auf Grund
einer Gesetzesänderung berechtigt, NGOs selbst als „ausländische
Agenten“ zu registrieren (wogegen wiederum geklagt werden kann). Bei
mehreren NGOs ist das inzwischen erfolgt. Auch das Menschenrechtszentrum
wurde registriert und zuletzt die Soldatenmütter in St. Peterburg, letztere unmittelbar
nachdem sie Informationen über Soldaten, die beim Kampfeinsatz in der
Ukraine gefallen waren, publik gemacht hatten.
Die Staatsanwaltschaft behauptete, das
Menschenrechtszentrum sei politisch tätig und erhalte Gelder aus dem
Ausland. Es ging vor allem um zwei Programme des Zentrums.
Eines davon widmet sich der Unterstützung von Personen, die bei
Demonstrationen und Mahnwachen festgenommen werden (das Webportal ovdinfo.org informiert zeitnah über Festnahmen, den Verbleib der Betroffenen und etwaige Verfahren). Das zweite Programm befasst sich mit dem Schicksal von Personen, die aus politischen Gründen strafrechtlich verfolgt werden.
Wie die Vertreter von MEMORIAL betonten, betreiben
beide Programme vor allem Öffentlichkeitsarbeit und verfolgen keine
politischen Ziele. Finanzielle Unterstützung aus dem Ausland hat
MEMORIAL nie bestritten.
Das Gericht entschied nach einer Beratung von knapp
zwei Minuten, das Urteil der vorigen Instanz bestehen zu lassen, und
lehnte den Revisionsantrag von MEMORIAL ab.
Dagegen hat die Assoziation Golos vor einigen Tagen vor Gericht Recht bekommen.
Sowohl die Organisation als auch ihre Leiterin Lilija Schibanova waren
zu einer hohen Geldstrafe verurteilt worden. Dieses Urteil wurde jetzt
revidiert, weil Golos auf finanzielle Förderung aus dem Ausland
verzichtet hatte. Die Organisation hat sich inzwischen ans
Justizministerium gewandt mit der Forderung, sie umgehend aus dem
Register für "ausländische Agenten" zu entfernen.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen