Freitag, 12. September 2014

Menschenrechtszentrum MEMORIAL verliert Berufungsverfahren

Moskauer Stadtgericht entscheidet gegen MEMORIAL

Das Moskauer Stadtgericht hat am heutigen 12. September die Klage des Menschenrechtszentrums MEMORIAL gegen seine Eintragung ins Register für „ausländische Agenten“ abgewiesen.

Nachdem es im Frühjahr 2013 zu massenhaften Überprüfungen russischer NGOs durch die Staatsanwaltschaft und häufig noch verschiedene weitere Instanzen gekommen war, hatte eine Reihe von ihnen, auch das Menschenrechtszentrum MEMORIAL, die Aufforderung erhalten, sich als „ausländischer Agent“ registrieren zu lassen.

Das Menschenrechtszentrum MEMORIAL hatte dagegen geklagt. Die Gerichtsverhandlung war zunächst etliche Male vertagt worden, bis am 23. Mai 2014 das erstinstanzliche Urteil gegen MEMORIAL erfolgte. Inzwischen hatte das Verfassungsgericht das „Agentengesetz“ am 8. April für verfassungskonform erklärt, das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte steht noch aus.

Mittlerweile ist das Justizministerium auf Grund einer Gesetzesänderung berechtigt, NGOs selbst als „ausländische Agenten“ zu registrieren (wogegen wiederum geklagt werden kann). Bei mehreren NGOs ist das inzwischen erfolgt. Auch das Menschenrechtszentrum wurde registriert und zuletzt die Soldatenmütter in St. Peterburg, letztere unmittelbar nachdem sie Informationen über Soldaten, die beim Kampfeinsatz in der Ukraine gefallen waren, publik gemacht hatten.

Die Staatsanwaltschaft behauptete, das Menschenrechtszentrum sei politisch tätig und erhalte Gelder aus dem Ausland. Es ging vor allem um zwei Programme des Zentrums. Eines davon widmet sich der Unterstützung von Personen, die bei Demonstrationen und Mahnwachen festgenommen werden (das Webportal ovdinfo.org informiert zeitnah über Festnahmen, den Verbleib der Betroffenen und etwaige Verfahren). Das zweite Programm befasst sich mit dem Schicksal von Personen, die aus politischen Gründen strafrechtlich verfolgt werden.

Wie die Vertreter von MEMORIAL betonten, betreiben beide Programme vor allem Öffentlichkeitsarbeit und verfolgen keine politischen Ziele. Finanzielle Unterstützung aus dem Ausland hat MEMORIAL nie bestritten.

Das Gericht entschied nach einer Beratung von knapp zwei Minuten, das Urteil der vorigen Instanz bestehen zu lassen, und lehnte den Revisionsantrag von MEMORIAL ab.

Dagegen hat die Assoziation Golos vor einigen Tagen vor Gericht Recht bekommen. Sowohl die Organisation als auch ihre Leiterin Lilija Schibanova waren zu einer hohen Geldstrafe verurteilt worden. Dieses Urteil wurde jetzt revidiert, weil Golos auf finanzielle Förderung aus dem Ausland verzichtet hatte. Die Organisation hat sich inzwischen ans Justizministerium gewandt mit der Forderung, sie umgehend aus dem Register für "ausländische Agenten" zu entfernen.

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