Dienstag, 20. Januar 2015

Gesetz gegen "unerwünschte" ausländische und internationale Organisationen geplant

Ende November wurde ein Gesetzentwurf in die Duma eingebracht, wonach ausländische oder internationale Organisationen, die u. a. die Verteidigungsfähigkeit oder Sicherheit des Staats oder die Gesellschaftsordnung gefährden, für „unerwünscht“ erklärt und in ein entsprechendes Verzeichnis aufgenommen werden sollen.

Ihre Tätigkeit in Russland soll unterbunden werden; Mitgliedern solcher Organisationen kann die Einreise verweigert werden. Wer Geld oder andere Vermögenswerte von ihnen erhält, wird mit einer Verwaltungsstrafe belegt.

Der Entwurf wurde von den Abgeordneten Alexander Tarnavskij (Gerechtes Russland) und Anton Ischtschenko (LDPR) vorgelegt, er wurde inzwischen bearbeitet und am 14. Januar vom Verfassungsausschuss der Duma diskutiert. Am 20. Januar soll er in erster Lesung behandelt werden.

Sonntag, 18. Januar 2015

Justizministerium beantragt Verwaltungsstrafe gegen Sacharow-Zentrum

Das russische Justizministerium hat dem Sacharow-Zentrum am 13. Januar ein Protokoll über einen „administrativen Gesetzesverstoß“ gemäß Artikel 19.34 des Verwaltungsstrafrechts übermittelt. Dieser Artikel sieht erhebliche Geldstrafen für Organisationen (und deren Leiter) vor, die „die Funktionen ausländischer Agenten ausüben“, aber nicht in dem Register für „ausländische Agenten“ verzeichnet sind. Dieses Protokoll wurde zur Entscheidung dem Gericht zugeleitet.

Am 12. Dezember hatte eine außerplanmäßige Überprüfung des Sacharow-Zentrums begonnen, die bis zum 19. Januar angesetzt war. Als Anlass wurde eine Anzeige eines Bürgers in anderem Zusammenhang genannt, allerdings wurde als ein Gegenstand der Überprüfung die Tätigkeit des Zentrums als angeblich „ausländischer Agent“ angegeben.

Die Eintragung des Sacharow-Zentrums im „Agenten-Register“ hat das Justizministerium am 25. Dezember letzten Jahres vorgenommen; inzwischen wurden dort noch acht weitere Organisationen verzeichnet. MEMORIAL International hat entschieden gegen die Diffamierung des Sacharow-Zentrums protestiert.

Das Sacharow-Zentrum hat ins Protokoll eine Erklärung eingefügt und darauf hingewiesen, dass die letzten Überprüfungen der Staatsanwaltschaft, vorgenommen im Juli 2013 und August 2014, keinerlei Beanstandungen ergeben hätten. An der Tätigkeit der Organisation habe sich seitdem nichts geändert.

17. Januar 2015

Der Schlag gegen das Sacharow-Zentrum ist ein Angriff auf die geistige Freiheit

Erklärung Arsenij Roginskijs im Namen von MEMORIAL International

Gegen die unabhängigen Bürgerorganisationen ist erneut ein Schlag geführt worden. Nach „Golos“, dem Menschenrechtszentrum MEMORIAL, der Moskauer Schule für Bürger-Aufklärung, der Stiftung „Gesellschaftliches Verdikt“ und weiteren renommierten gesellschaftlichen Vereinigungen wurde jetzt die „Gesellschaftliche Kommission für die Bewahrung der Erbes von Akademiemitglied Sacharow“, besser bekannt als „Sacharow-Zentrum“, in die „ausländischen Agenten“ eingereiht.

Andrej Sacharow hielt die geistige Freiheit für den wichtigsten universalen menschlichen Wert. Es ist kein Zufall, dass die wesentliche Arbeit des Sacharow-Zentrums darin bestand, Veranstaltungen zu organisieren, die Raum für freie Diskussionen boten. Dies war entschieden nicht nach dem Geschmack des Justizministeriums. „Politische Tätigkeit im Interesse ausländischer Quellen“ – so nennt man die offene und uneinschränkte Diskussion über schwerwiegende Probleme des vergangenen und gegenwärtigen Russland. Unser Land und unsere Mitbürger sind heute mehr denn je auf solche Diskussionen angewiesen.

Wir fordern, diese Diffamierungs-Kampagne gegen unabhängige Organisationen umgehend zu beenden. Diese Kampagne kopiert die schlimmsten Formen von Hetze gegen Andersdenkende in den sowjetischen Jahren.

Die Erklärung zum „ausländischen Agenten“ ist nicht nur eine gezielte Beleidigung des Sacharow-Zentrums – sie ist auch eine Beleidigung des Andenkens an Andrej Sacharow. Sie bringt uns in eine Epoche zurück, als man ihn selbst pausenlos des „Vaterlandsverrats“ und der „Bedienung westlicher Interessen“ bezichtigt hat.

Wir sind überzeugt, dass das Sacharow-Zentrum sowie unsere anderen Kollegen aus verfolgten Organisationen ihre Arbeit selbst unter schwierigsten Umständen fortsetzen werden.

Im Namen der Internationalen Gesellschaft MEMORIAL
Arsenij Roginskij
Vorsitzender des Vorstands

26. Dezember 2014

Russisches Justizministerium verzeichnet weitere "ausländische Agenten"

Am 25. Dezember hat das russische Justizministerium drei weitere Nichtregierungsorganisationen als angebliche „ausländische Agenten“ verzeichnet. Dazu gehören eine Organisation von Hochschulabsolventen in der Region Krasnodar, das Kaliningrader regionale Menschenrechtszentrum und das Sacharow-Zentrum.

In den beiden letzten Fällen beruft sich das Justizministerium auf zuvor durchgeführte planmäßige bzw. außerplanmäßige Überprüfungen. Eine solche außerplanmäßige Überprüfung des Sacharow-Zentrums hatte am 12. Dezember begonnen, sie war bis zum 19. Januar angesetzt.

Die Erklärung von Arsenij Roginskij im Namen der Internationalen Gesellschaft MEMORIAL aus diesem Anlass finden Sie hier.

26. Dezember 2014