Freitag, 4. März 2016

Kritik an vorgeschlagener Revision des "Agentengesetzes"

Kontroversen um Definition der "politischen Tätigkeit"

Am 19. Februar hat eine Gruppe von Duma-Abgeordneten im Auftrag des Justizministeriums einen Gesetzentwurf in die Duma eingebracht, der das so genannte „Agentengesetz“ in einer wesentlichen Bestimmung korrigieren und präzisieren soll. Präsident Putin hatte eine entsprechende Revision des Gesetzes mehrfach angekündigt, unter anderem auch auf einer Sitzung des Menschenrechtsrats bei Präsidenten im Oktober 2015.

Es geht um die Definition des Begriffs der „politischen Tätigkeit“. Das ist von Bedeutung, weil NGOs, die ausländische Unterstützung bekommen und „politisch tätig“ im Sinne dieser Definition sind, als so genannte "ausländische Agenten" verzeichnet werden.

Was unter „politischer Tätigkeit“ zu verstehen ist, ist in der geltenden Fassung des Gesetzes nur ungenau festgelegt. Die willkürliche Auslegung, die dazu führte, dass inzwischen etwa 120 NGOs als „ausländische Agenten“ gebrandmarkt werden, wurde immer wieder angeprangert. Bisher gilt das Bestreben, die bestehende „staatliche Politik“ ändern zu wollen und in diesem Sinne beispielsweise Öffentlichkeitsarbeit zu betreiben, als „politische Tätigkeit“.

Der jetzt eingebrachte Entwurf basiert auf den Anregungen des Justizministeriums. Er läuft darauf hinaus, dass jede Mitwirkung in staatlichen Gremien und Zusammenarbeit mit Behörden als "politisch" gilt:

Eine NGO arbeitet "politisch", „wenn sie im Bereich des Staatsaufbaus und der Grundlagen der Verfassungsordnung, der föderalen Ordnung der Russischen Föderation, der Sicherung der Souveränität und territorialen Integrität der Russischen Föderation…, der Landesverteidigung, Außenpolitik… tätig ist mit dem Ziel, Einfluss auf die Ausarbeitung und Umsetzung der staatlichen Politik, auf die Bildung staatlicher und lokaler Selbstverwaltungsorgane, auf ihre Entscheidungen und Handlungen zu nehmen.“
Es folgt eine lange Auflistung von Formen, in denen diese Tätigkeit ausgeübt wird. Nicht zuletzt werden darunter auch „Wahlbeobachtung“ sowie die „Bildung von Wahlkommissionen“ aufgeführt.

Der Menschenrechtsrat beim Präsidenten und das von Alexej Kudrin geleitete "Komitee für Bürgerinitiativen" haben den Gesetzentwurf massiv kritisiert, beide Institutionen haben detaillierte Änderungsvorschläge vorgelegt. So erklärte der Leiter des Menschenrechtsrats Michail Fedotow, Ziel des Entwurfs sei gewesen, den Begriff der „politische Tätigkeit“ zu präsisieren. Herausgekommen sei jedoch das Gegenteil – der Begriff sei noch ausgeweitet und so umfassend interpretiert worden, dass jede beliebige NGO zum „ausländischen Agenten“ deklariert werden könnte.

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